Unlautere Handelspraktiken

21.12.2018

Doch noch Einigung auf Richtlinie vor Jahresende gelungen

Kurz vor Jahresende ist es der Europäischen Kommission, dem Rat und Europaparlament doch noch gelungen, eine Einigung über den Richtlinienentwurf gegen unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelkette zu erzielen, vgl. Bericht BVA-Info Nr. 49 vom 14.12.2018.

Der jetzt gefasste Beschluss legt die Jahresumsatzschwelle, bis zu der ein Unternehmen vor unlauteren Handelspraktiken geschützt werden soll, auf 350 Mio. Euro fest. Ursprünglich war ein Wert von 50 Mio. Euro anvisiert worden. Der Verhandlungsführer des Europaparlaments, Prof. Paolo De Castro, erklärte auf der Pressekonferenz, dass sich der jetzt festgelegte Wert auf den global erzielten Umsatz der Unternehmen beziehe. Dieser Punkt war einer der Hürden, wegen der die Verhandlungen ohne Einigung zunächst auf das kommende Jahr vertagt werden sollten.

Worum geht es im Grundsatz?
(Richtlinienentwurf Stand 12.04.2018)

1. In dieser Richtlinie werden eine Mindestliste verbotener unlauterer Handelspraktiken zwischen Käufern und Lieferanten in der Lebensmittelversorgungskette, Mindestvorschriften für die Durchsetzung der Verbote und Regelungen für die Koordinierung zwischen den Durchsetzungsbehörden festgelegt.

2. Die Richtlinie gilt für bestimmte unlautere Handelspraktiken im Zusammenhang mit dem Verkauf von Lebensmittelerzeugnissen (u.a. Getreide, Ölsaaten) durch Lieferanten, bei denen es sich um kleine und mittlere Unternehmen handelt, an Käufer, die keine kleinen und mittleren Unternehmen sind.

3. Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass die folgenden Handelspraktiken verboten sind:

a. Ein Käufer bezahlt einen Lieferanten für verderbliche Lebensmittelerzeugnisse mehr als 30 Kalendertage nach Eingang der Rechnung des Lieferanten oder mehr als 30 Kalendertage nach dem Datum der Lieferung der verderblichen Lebensmittelerzeugnisse, je nachdem, welcher Zeitpunkt der spätere ist. Von diesem Verbot unberührt bleiben die Folgen von Zahlungsverzug und die Rechtsbehelfe gemäß der Richtlinie 2011/7/EU und die Option, dass ein Käufer und ein Lieferant eine Wertaufteilungsklausel gemäß Artikel 172a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates15 vereinbaren.

b. Ein Käufer storniert die Bestellung verderblicher Lebensmittelerzeugnisse so kurzfristig, dass von einem Lieferanten nach vernünftigem Ermessen nicht erwartet werden kann, dass er eine alternative Vermarktungs- oder Verwendungsmöglichkeit für diese Erzeugnisse findet.

c. Ein Käufer ändert einseitig und rückwirkend die Bedingungen der Liefervereinbarung in Bezug auf Häufigkeit, Zeitpunkt oder Umfang der Lieferung, die Qualitätsstandards oder die Preise für die Lebensmittelerzeugnisse.

d. Ein Lieferant bezahlt für die Verschwendung von Lebensmittelerzeugnissen, die in den Räumlichkeiten des Käufers auftritt und nicht durch Fahrlässigkeit oder Verschulden des Lieferanten verursacht wird.

 

4. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass folgende Handelspraktiken verboten sind, wenn sie nicht klar und eindeutig in der Liefervereinbarung festgelegt werden:

a. Ein Käufer schickt nicht verkaufte Lebensmittelerzeugnisse an einen Lieferanten zurück.
 

b. Ein Käufer verlangt von einem Lieferanten eine Zahlung dafür, dass er Lebensmittelerzeugnisse des Lieferanten lagert, zum Verkauf anbietet oder listet.

c. Ein Lieferant zahlt für die Werbung für Lebensmittelerzeugnisse, die der Käufer verkauft. Veranlasst der Käufer eine Werbeaktion, so muss der Käufer vor Beginn der Werbeaktion mitteilen, in welchem Zeitraum die Aktion laufen wird und welche Menge an Lebensmittelerzeugnissen voraussichtlich bestellt wird.

d. Ein Lieferant zahlt für die Vermarktung von Lebensmittelerzeugnissen durch den Käufer.

Da die Lebensmittelversorgungskette aus miteinander verbundenen vertikalen Lieferbeziehungen besteht und unlautere Handelspraktiken, die auf nachfolgenden Stufen der Kette auftreten, negative Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Erzeuger und generell auf die Effizienz der Lebensmittelversorgungskette haben können, wird der Begriff „Lieferant“ in dem Vorschlag nicht auf landwirtschaftliche Erzeuger und deren Organisationen beschränkt, sondern umfasst jeden Lieferanten, d. h. auch Hersteller und Händler, entlang der Lebensmittelversorgungskette, solange es sich um kleine und mittlere Unternehmen handelt.

Nähere Details, u.a. wie die genaue Erfassung der Unternehmensumsätze aussehen sollte, muss die EU-Kommission noch erarbeiten.

Der BVA wird diesen Prozess bis hin zur nationalen Umsetzung dieser Richtlinie weiterhin kritisch begleiten. Bereits Mitte 2017 hatten wir die weitreichenden, damals noch drohenden und sich nun verfestigenden, Eingriffe in die Wertschöpfungskette des Agrarhandels in einer Stellungnahme angemahnt. Wie und ob sich die neuen, geschilderten Entwicklungen auf bereits bestehende Bedingungen (z.B. Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel) auswirken könnten, untersuchen wir und halten Sie hier auf dem aktuellen Stand.