Getreidehandelstag: Thünen-Institut-Szenario
"Hard-Brexit" senkt Agrarexportplus mit Briten um rund ein Viertel
Hat der Brexit-Auswirkungen auf den deutschen Agrarhandel? Dieses und andere Handelsthemen wurden am Dienstag und Mittwoch auf dem Getreidehandelstag auf der Burg Warberg diskutiert. Das Thünen-Institut, Braunschweig, hat in einem Working Paper drei Brexit-Szenarien aufgezeigt und sich u.a. mit den Auswirkungen eines harten Ausstiegs befasst. Großbritannien ist für Deutschland der drittwichtigste Exportmarkt mit einem Volumen mit 89 Mrd. Euro p.a., wovon sich rund fünf Prozent auf den Außenhandel mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln beziehen.
Fazit von Prof. Dr. Martin Banse, Direktor des Instituts für Marktanalyse: „Im Falle eines `hard-Brexits`wären überwiegend negative Folgen für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft zu erwarten, und hier besonders in der Milch- und Fleischbranche“. Gleichwohl dürften die Auswirkungen auch hier begrenzt bleiben, so Banse, der allerdings keine nennenswerten Effekte im Handel mit den primären Agrargütern wie Weizen und anderen Feldfrüchten vorhersieht. Für den „worst case“ errechnet das Institut mit einem Rückgang des Agrarexportüberschusses um etwa 690 Mio Euro auf 1,9 Mrd Euro.
Mit einem Brexit dürfte die Importabhängigkeit Großbritanniens allerdings deutlich zunehmen, zumal mit einem erheblichen Strukturwandel in der Landwirtschaft auf der Insel ab 2020 zu rechnen ist. Bis dahin garantiert die britische Regierung den Landwirten zwar einen Ersatz für die EU-Agrarzahlungen, die sich auf jährlich etwa 4 Mrd Euro belaufen und im Schnitt etwa die Hälfte Einkommens der britischen Landwirte ausmachen. Was über 2020 hinaus passiert, lässt sich nur erahnen, meint Banse: „Die Landwirtschaft spielt in der britischen Politik eine untergeordnete Rolle, sodass mit deutlichen Einschnitten zu rechnen ist, die zu einer erheblichen Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe teils bis hin zur Aufgabe führen wird.“
Über die Agrarmärkte in Zeiten von Brexit, Trump und Co berichtete Dr. Michaela Kuhl von der Commerzbank Research, Frankfurt. „Auch in diesen schwierigen Zeiten wird die Bedeutung des Agrarhandels nicht sinken, sondern weiter steigen.“ Die EU kann vorsichtig optimistisch in die Zukunft blicken, so die Expertin, denn sie wird ihr Angebot auch künftig auf den weiter wachsenden internationalen Agrarmärkten anbieten können. Grundsätzlich stehen die Chancen gut, dass die EU ihren Handelsanteil im Agrarbereich wird verteidigen können, so Kuhl, zumal Europa eine der Regionen sein soll, für die der Klimawandel im Agrarbereich eher mit einem kleinen Plus als mit einem großen Minus verbunden sein dürfte. Klar sei aber auch, dass sich die EU in einem vom intensiven Wettbewerb geprägten Umfeld wird bewegen müssen – und in einem Umfeld volatiler Preise.