Agrarhandel fordert Planungssicherheit und stabile Rahmenbedingungen
BVA begrüßt klares Bekenntnis zur modernen Landwirtschaft
Berlin – Der Agrarhandel ist eine der tragenden Säulen in den ländlichen Wirtschaftsstrukturen Deutschlands. Um dieser Rolle auch künftig gerecht zu werden und als zuverlässiger Mittler in der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette agieren zu können, benötigen sowohl Agrarhandel als auch Landwirtschaft langfristig angelegte, stabile Rahmenbedingungen und Planungssicherheit. Das sagte der Präsident des Bundesverbandes der Agrargewerblichen Wirtschaft e.V. (BVA), Rainer Schuler, anlässlich der Verbandspressekonferenz am Dienstag in Berlin.
Die Landwirtschaft und damit auch der Agrarhandel stehen vor großen Herausforderungen. Stichworte sind etwa Ackerbau-, Biodiversitätsstrategie und die Tierwohldebatte, die einen Einfluss auf die Ausrichtung der modernen Landwirtschaft nehmen werden. Das schließt aus Sicht des BVA sowohl die konventionelle als auch Bio-Landwirtschaft ein. Der Agrarhandel wird darauf reagieren und sich gemeinsam mit der Landwirtschaft strategisch weiterentwickeln. Schuler begrüßt daher ausdrücklich das klare Bekenntnis zur modernen Landwirtschaft, das die neue Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, in der vergangenen Woche abgab.
Realität: Deutschland trotz hoher Ausfuhren weiterhin Nettoimporteur
Der BVA macht deutlich, dass Deutschland als Gunststandort mit besten Voraussetzungen für den Ackerbau eine Verpflichtung hat, Qualitätsgetreide sowohl für den regionalen als auch den internationalen Markt mit stetig wachsender Nachfrage zu produzieren. Immerhin stehen rund 180 Importländern von Weizen nur etwa 12 Nationen inkl. Deutschland mit nennenswerten Exportkapazitäten gegenüber. Diese Relation spricht für sich und darf trotz einer gegenwärtigen, unterschwelligen Stimmungslage hin zu mehr Regionalität und weniger Exporten nicht unbeachtet bleiben. Schuler lobt in diesem Zusammenhang die ersten positiven Äußerungen der Bundesministerin zum Agrarexport.
„Im Übrigen profitiert Deutschland vom Außenhandel doppelt“, so Schuler, „die aktuelle WHO-Statistik zeigt einmal mehr, dass von einer vernetzten und arbeitsteiligen Welt nicht nur die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft profitiert, sondern in deutlich größerem Maße vor allem der Verbraucher.“ Die heimische Landwirtschafts- und Ernährungsindustrie ist laut WHO mit einem Ausfuhrvolumen von 62 Mrd. Euro zwar erneut weltweit drittgrößter Exporteur von Agrargütern. Andererseits führte Deutschland im selben Zeitraum (2016) Agrargüter im Wert von 81 Mrd. Euro ein und ist damit weiterhin ein Nettoimporteur.
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel beschleunigen
Der BVA begrüßt, dass die neue Bundesregierung die Zulassungsbehörden für Pflanzenschutzmittel mit mehr Personal ausstatten will. Der Verband kritisiert seit Jahren die langen Zulassungsverfahren für neue Pflanzenschutzmittel und hofft, dass Entscheidungen in Zukunft schneller getroffen werden. Grundlage für die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln müssen belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse bleiben, so Schuler weiter und unterstreicht damit auch das Bestreben auf EU-Ebene , die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für wissenschaftlich unabhängige Prüfungen künftig stärker in den Prozess einbinden zu wollen. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine Verbesserung der Transparenz laufender Zulassungsverfahren für Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel auf EU- und nationaler Ebene zu begrüßen.
Für den von der Großen Koalition angestrebten Verzicht auf den Wirkstoff Glyphosat sieht der BVA keine wissenschaftliche Grundlage. „Glyphosat ist eines der am besten erforschten Pflanzenschutzmittel“, betont Schuler. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass von der ordnungsgemäßen Glyphosat-Anwendung keine Gefahren ausgehen. Für einen vollständigen Verzicht gebe es deshalb keinen Grund.
Europa bleibt auf Import von Eiweißpflanzen angewiesen
Die derzeit auf europäischer Ebene diskutierte und im Koalitionsvertrag verankerte Strategie zur Förderung des Anbaus von Eiweißpflanzen ist nach Auffassung des BVA unnötig. „Landwirte treffen ihre Anbauentscheidung aufgrund von Marktentwicklungen und aus agronomischen Gesichtspunkten“, erläutert der BVA-Präsident. Die angestrebte Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und die wachsende Bedeutung des Resistenzmanagements werden in den kommenden Jahren ohnehin zu einer Auflockerung der Fruchtfolgen führen, von der auch Eiweißpflanzen profitieren können. Zusätzliche politische Anreize sind aus Sicht des BVA deshalb nicht notwendig. Die Vorstellung, dass sich Europa von Proteinimporten unabhängig machen kann, ist für Schuler eine Illusion. „Auch bei einer deutlichen Ausweitung der Eiweißpflanzenfläche wird sich Europa nicht selbst versorgen können“, stellt der BVA-Präsident fest. Die EU importiert bisher jährlich rund 45 Mio. t Sojabohnen und Sojaschrot.
Handelsbarrieren erschweren den Kampf gegen den Hunger
Die Welt ist auf einen möglichst reibungslosen Handel mit Agrarprodukten angewiesen, um die Ernährung der Menschheit zu sichern. „Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse sorgen letztlich dafür, dass die Lebensmittelpreise steigen“, meint Schuler. Deutschland ist bei vielen Lebensmitteln wie Kaffee, Kakao oder Bananen auf Importe angewiesen, aber auch ein unverzichtbarer Exporteur von Agrargütern wie beispielsweise Getreide oder Milchprodukte. „Jedes Land muss mit den vorhandenen natürlichen Voraussetzungen seinen Beitrag zur Welternährung leisten“, fordert der BVA-Präsident: „Mit Abschottung, Protektionismus und einer Selbstbeschränkung auf die nationale Versorgung ist der Kampf gegen den Hunger in der Welt nicht zu gewinnen.“