Cramon-Taubadel: Ukraine - Auswirkungen auf Getreidemärkte und Ernährungssicherheit

18.03.2022

In einer Folgenabschätzung zur russischen Invasion in der Ukraine kommt der Göttinger Agrarökonom
Prof. v. Cramon-Taubadel zu dem Schluss, dass die Getreideausfuhren des Landes selbst in einem optimistischen Szenario im Wirtschaftsjahr 2022/23 um 35 Millionen auf nur noch 29 Millionen Tonnen zurückgehen werden. Das wäre mindestens eine Halbierung der Exporte. Cramon-Taubadel warnt eindringlich davor, dass die Lebensmittelversorgung von hunderten Millionen Menschen in armen, importabhängigen Ländern gefährdet wird.

Der Ukrainekrieg zwinge die EU anzuerkennen, dass Agrarpolitik eine geostrategische Dimension habe, unterstreicht Cramon-Taubadel. Die jüngsten agrarpolitischen Entscheidungen seien – besonders in Deutschland – von einer überwiegend nach innen gerichteten Perspektive geprägt gewesen. Es gehe aber nicht nur darum, den Wunsch nach einer niedlichen Bilderbuch-Landwirtschaft zu befriedigen. Der Ökonom warnt, es wäre unverantwortlich, ein Viertel der EU-Agrarfläche für den Ökolandbau zu nutzen, der mindestens ein Drittel weniger Erträge erbringe sowie den Pflanzenschutzeinsatz um die Hälfte zu verringern, was ebenfalls zulasten der Erträge gehe, wenn die Welt auf Jahre hinaus bei Getreide hoffnungslos unterversorgt sei.

Cramon-Taubadel fordert weiterhin, auf einseitige Ausfuhrbeschränkungen, wie sie gerade Ungarn erlassen hat, unbedingt zu verzichten, um die negativen Marktwirkungen nicht zyklisch zu verstärken. Auch sollte die Biokraftstoffpolitik flexibler gestaltet werden, um vom Öl unabhängiger zu werden.

Für die kommende Weizenernte in der Ukraine rechnet der Agrarökonom mit einem Ertragsrückgang von rund einem Drittel, bei zugleich nachlassender Qualität des Weizens aufgrund der verminderten Stickstoffdüngung. Für die anstehende Maisaussaat fehle es an allen essenziellen Betriebsmitteln vom Saatgut über Diesel bis zur Arbeitskraft. Zudem dürften wahrscheinlich Getreidesilos in den Häfen und Eisenbahnverbindungen zerstört werden, so dass Ausfuhren auf Jahre hinaus erschwert werden. Insgesamt rechnet Cramon-Taubadel damit, dass die Getreidemärkte mindestens zwei bis drei Jahre extrem angespannt sein werden.

Die vollständige Studie können Sie hier einsehen