UBA bringt erneut Pflanzenschutz-Steuer ins Spiel
Die Verkaufsmengen von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft bleiben weiter hoch. Das zeigen Daten des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Nach kurzfristig rückläufigen Verkaufszahlen in den Jahren 2018/2019 fragten Landwirtinnen und Landwirte im vergangenen Jahr wieder deutlich häufiger bestimmte Wirkstoffe nach, etwa Insektizide und Herbizide. Vermutlich führte laut Umweltbundesamt (UBA) hauptsächlich die außergewöhnliche Trockenheit 2018 und 2019 zu einem zwischenzeitlich geringeren Pestizidabsatz. Dirk Messner, Präsident des UBA: „Seit über 40 Jahren ist der Absatz von Pflanzenschutzmitteln in der deutschen Landwirtschaft mehr oder weniger unverändert. Sorge bereitet uns jetzt, dass der Verkauf problematischer Wirkstoffe steigt. Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln insgesamt deutlich reduziert werden. Hierzu schlägt das UBA Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene vor.“
Die Farm-to-Fork-Strategie des European Green Deal der EU sieht vor, dass bis 2030 die eingesetzte Menge von Pflanzenschutzmitteln und das damit verbundene Risiko halbiert werden. Um dies in Deutschland umzusetzen, schlägt das UBA vor, das Ziel in den Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz für die nachhaltige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) aufzunehmen und mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen.
Besonders umweltschädliche Wirkstoffe müssen nach Ansicht des UBA über nationale Verordnungen verboten werden können, so wie es bereits in Frankreich geschieht. Damit nationale Verbote rechtssicher sind, müsste allerdings eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden. Pestizidarme Anbaumethoden sowie der Ökolandbau und die ambitionierte Umsetzung des Integrierten Pflanzenschutzes sollten stärker gefördert werden, u. a. mit den dafür vorgesehenen Geldern der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Außerdem schlägt das UBA vor, eine zweckgebundene Pflanzenschutzmittelabgabe nach dem Vorbild Dänemarks einzuführen, um Anreize für eine pestizidärmere Landwirtschaft zu schaffen.
Dieser Ansatz geht zurück auf den Versuch des ehemaligen schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministers Dr. Robert Habeck im Jahr 2015, eine Pflanzenschutz-Steuer im nördlichsten Bundesland einzuführen. Der BVA lehnte diesen Vorstoß bereits damals entschieden ab und tut dies auch weiterhin. Denn der Pflanzenschutzmitteleinsatz orientiert sich nicht an politischen Vorgaben, sondern an agronomischen Erfordernissen. Auch in Dänemark war die Steuereinführung 1986 erfolglos: Zwar hat sich der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach der Einführung vorübergehend verringert. Recht schnell darauf hat sich der Einsatz aber wieder auf „Vorsteuer-Niveau“ eingependelt. Aus BVA-Sicht liegt ein wirkungsvoller Minimierungsansatz vor allem in der Ausweitung des Beratungsangebots sowie in einem innovationsfreundlichen Investitionsumfeld. Der Landwirtschaft immer mehr Werkzeuge für einen effizienten Pflanzenbau zu nehmen, keine Alternativen anzubieten bzw. zu erlauben und zu erwarten, dass die Branche nicht an Wettbewerbsfähigkeit einbüßt, grenzt an Zynismus. In dieser Sache wird sich der BVA weiterhin kraftvoll für die Interessen des Agrarhandels einsetzen.