Neue Züchtungsmethoden

08.11.2019

Anhörung im Bundestag macht Konfliktlinien deutlich

Sachverständige bewerteten die Regulierung neuer Züchtungsmethoden diesen Montag in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft zum Gentechnikrecht. Befürworter betonten im Hinblick auf die neuen Züchtungstechnologien vor allem das große Innovationspotenzial, während Kritiker davor warnten, dass nach einer Verbreitung in der Natur mit diesen Technologien erzeugte Organismen nicht mehr zurückgeholt werden könnten.

Derzeitiges Gentechnikrecht als einschränkend bewertet

Der Sachverständige Matthias Braun führte aus, die gesetzlichen Regelungen seien an den tatsächlichen Risiken eines Produktes auszurichten. Vorbehalte gegenüber einer Technologie sollten dabei nicht ausschlaggebend sein. Braun fasste zusammen, dass die neuen Methoden einfach, präzise und ressourcenschonend seien und das Potenzial hätten, die herkömmlichen Züchtungsmethoden zu deklassieren, weil sie in der Geschwindigkeit überlegen sind. Wenn die Biotechnologie für Deutschland eine Schlüsseltechnologie sein soll, brauche es Maßgaben und Rahmenrichtlinien, sodass damit gearbeitet werden könne. Die derzeitige Herangehensweise an das Gentechnikrecht wertete Braun hingegen als einschränkend.

Auch der Sachverständige Stephan Clemens schätzte das Potenzial der neuen Züchtungsmethoden als gewaltig ein. Genome-Editing heiße dabei nicht nur, einer industrialisierten Landwirtschaft Vorschub leisten zu wollen. Als Wissenschaftler plädierte er dafür, evidenzbasiert zu argumentieren. Risiken sollen quantifiziert werden und es müssen entsprechende Abwägungen vorgenommen werden. Der Sachverständige führte weiter aus, dass bei der Anwendung des Vorsorgeprinzips auch die Frage nach den Potenzialen einer Technik gestellt werden müsse. Insofern sei die Frage zu beantworten, welcher Schaden angerichtet wird, wenn Potenziale nicht genutzt werden.

Kleine Änderungen im Genom bergen Potential für große Auswirkungen

Vertreter der ökologischen Landwirtschaft sprachen sich für eine weltweite Vorsicht bei den neuen Techniken aus. Ihrer Kenntnis nach, liegt der Schlüssel zur Hungerbekämpfung in der Verteilung der Ressourcen. Neue Züchtungsmethoden würden die Verteilungs- und Verwendungsprobleme nicht lösen.

Das Bundesamt für Naturschutz, eine untergeordnete Behörde des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), plädierte für eine Einzelfallprüfung und ein Monitoring. Demnach ließe die Art und Anzahl der Veränderungen im Genom keine Rückschlüsse auf die Folgewirkung zu.

Der Sachverständige Christoph Then sprach sich für eine ausreichende Regulierung aus, weil entsprechende Eingriffe kleingeredet würden, aber zu erheblichen Nebenwirkungen führen können. Vergleichsweise kleine Eingriffe hätten große Auswirkungen. Then führte unter anderem an einem Beispiel von durch Punktmutationen veränderte Taufliegen an, dass diese resistent gegen ein Gift gemacht wurden. Mit der Resistenz seien die Larven der Fliege für ihre Fressfeinde ebenfalls giftig geworden. Für den Monarchfalter hätte diese Veränderung ernste Folgen und es würde ein gewaltiger biologischer Effekt eintreten. Es komme deshalb nicht darauf an, ob kleine oder große Veränderungen vorgenommen werden. Der Sachverständige sprach sich dafür aus, dass alle Risikoszenarien durchgeprüft werden müssen.

Auch Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BFN), argumentierte für eine angemessene, am Vorsorgeprinzip orientierte Risikoabschätzung. Es sei kein tragfähiges Argument, dass durch Genome-Editing nur punktuelle Änderungen vorgenommen werden würden, denn bereits kleine Änderungen könnten große Auswirkungen haben. In der Praxis hätte man es nicht mit Untersuchungen im Labor zu tun, sondern mit dem Einsatz in der freien Natur. Was einmal ausgebracht worden ist, könne nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Der Anhörung lagen je ein Antrag der FDP-Fraktion (19/10166), der die Chancen neuer Züchtungsmethoden betonte, und ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/13072) mit der Forderung der Regulierung neuer Züchtungsmethoden zugrunde. Die Anhörung machte einmal mehr deutlich, dass nicht mit einer zeitnahen Lösung im Hinblick auf die Regulierung und den Umgang mit den neuen Züchtungsmethode zu rechnen ist.