"Hard-Brexit" senkt Agrarexportplus mit Briten um rund ein Viertel

Tagungsergebnis: 
Getreidehandelstag 2017

Hat der Brexit-Auswirkungen auf den deutschen Agrarhandel? Dieses und andere Handelsthemen wurden am Dienstag und Mittwoch auf dem Getreidehandelstag auf der Burg Warberg diskutiert. Das Thünen-Institut, Braunschweig, hat in einem Working Paper drei Brexit-Szenarien aufgezeigt. Eines davon befasst sich mit den Auswirkungen eines harten Ausstiegs. Großbritannien ist für Deutschland der drittwichtigste Exportmarkt mit einem jährlichen Volumen von 89 Mrd. Euro. Etwa fünf Prozent entfallen davon auf den Außenhandel mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln. 

Importabhängigkeit Großbritanniens dürfte deutlich zunehmen

Das Fazit von Prof. Dr. Martin Banse, Direktor des Instituts für Marktanalyse lautet: „Im Falle eines ‘hard-Brexits‘ wären überwiegend negative Folgen für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft zu erwarten, und hier besonders in der Milch- und Fleischbranche“. Gleichwohl dürften die Auswirkungen auch hier begrenzt bleiben, so Banse, der allerdings keine nennenswerten Effekte im Handel mit den primären Agrargütern wie Weizen und anderen Feldfrüchten vorhersieht. Für den „worst case“  rechnet das Institut mit einem Rückgang des Agrarexportüberschusses um etwa 690 Mio. auf 1,9 Mrd. Euro.

Mit einem Brexit dürfte die Importabhängigkeit Großbritanniens allerdings deutlich zunehmen, zumal mit einem erheblichen Strukturwandel in der Landwirtschaft auf der Insel ab 2020 zu rechnen ist. Bis dahin garantiert die britische Regierung den Landwirten zwar einen Ersatz für die EU-Agrarzahlungen, die sich auf jährlich etwa 4 Mrd. Euro belaufen und im Schnitt etwa die Hälfte Einkommens der britischen Landwirte ausmachen. Was dann aber über 2020 hinaus passiert, das lässt sich nur erahnen, meint Banse: Die Landwirtschaft spiele in der britischen Politik eine untergeordnete Rolle, so dass mit deutlichen Einschnitten zu rechnen sei, die zu einer erheblichen Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe teils bis hin zur Aufgabe führen werde. 

Über die Agrarmärkte in Zeiten von Brexit, Trump und Co berichtete Dr. Michaela Kuhl von der Commerzbank Research, Frankfurt. Sie machte deutlich: „Auch in diesen schwierigen Zeiten wird die Bedeutung des Agrarhandels nicht sinken, sondern weiter steigen.“ Die EU kann vorsichtig optimistisch in die Zukunft blicken, so die Expertin, denn sie wird ihr Angebot auch künftig auf den weiter wachsenden internationalen Agrarmärkten anbieten können. Grundsätzlich stehen die Chancen gut, dass die EU ihren Handelsanteil im Agrarbereich wird verteidigen können, so Kuhl, zumal Europa eine der Regionen sein soll, für die der Klimawandel im Agrarbereich eher mit einem kleinen Plus als mit einem großen Minus verbunden sein dürfte. Klar sei aber auch, dass sich die EU in einem vom intensiven Wettbewerb geprägten Umfeld wird bewegen müssen – und in einem Umfeld volatiler Preise.

Potenziale der Digitalisierung nutzen

Über die Auswirkungen der Düngeverordnung auf die Produktion von Qualitätsgetreide referierte Prof. Dr. Henning Kage von der Universität Kiel, Institut für Pflanzenbau. Sein Resümee: „Dänische Verhältnisse werden wir in Deutschland nicht bekommen.“ Das heißt: Auch künftig wird der Anbau von Qualitätsgetreide möglich sein. Eine Reduktion der N-Düngung als Folge der Düngeverordnung in Ackerbaubetrieben ist wahrscheinlich, so Kage, die Rohproteingehalte werden in Backweizen (A/B) durchschnittlich nur leicht sinken (abhängig vom Standort), insbesondere in Hochertragsjahren. Der E-Weizenanbau wird auch künftig möglich sein. Klar ist, dass die Düngung gezielter erfolgen muss, so Kage weiter, was zur weiterhin geringen Akzeptanz des Einsatzes von Wirtschaftsdüngern auf reinen Ackerbaustandorten beitragen dürfte.

DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer präsentierte die 10 Thesen zur Landwirtschaft 2030, die die DLG mit  50 Experten, darunter Landwirte, Wissenschaftler, Politiker und Vertreter von Umweltorganisationen im vergangenen Herbst entwickelte. Darin bekennt sich die DLG klar zur modernen Landwirtschaft. Dabei müssen Innovationen ermöglicht und Potenziale der Digitalisierung genutzt werden, so Bartmer. Und weiter: „Deutschland braucht ein Klima, das Forschungsfreiheit, Erfindergeist und Innovationsbereitschaft fördert.“

Fakt ist: 2030 muss die Landwirtschaft weltweit Nahrungsmittel für rund 8,5 Mrd. Menschen erzeugen, gleichzeitig geht die Fläche pro Kopf zurück, so Bartmer. Zudem muss die Landwirtschaft künftig nachhaltig produzieren, so haben die Vereinten Nationen dies in den Millenniumszielen definiert. Das bedeute unterm Strich eine nachhaltige Steigerung der Produktivität bei gleichzeitiger Verringerung der damit verbundenen Umweltschäden. Alle Probleme gleichzeitig zu lösen, erfordere von allen Beteiligten ein hohes Maß an Engagement, Innovationskraft, Know-how, Kreativität und Veränderungsbereitschaft, betont Bartmer. Die Landwirtschaft hat bewiesen, dass sie sich den Herausforderungen zu stellen weiß. „Das wird auch so bleiben“, so Bartmer, dazu gehören auch Selbstkritik an der bisherigen Wirtschaftsweise der Betriebe und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. „ Eine Branche, die sich nicht mehr selbst kritisieren kann, ist nicht zukunftsfähig“.