BVA-Position: Kriterien zur Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften

Öffentliche Konsultation der EU-Kommission

Der BVA unterstützt alle Bemühungen für ein hohes Niveau des Gesundheits- und Umweltschutzes Sorge zu tragen und in diesem Zusammenhang auch die Regulierung von endokrinen Disruptoren im Pflanzenschutz- und Biozidrecht. Im Hinblick auf den von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf des Kommissionsrechtsaktes zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften sehen wir jedoch erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Als Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft e.V. (BVA) vertreten wir etwa 85 Prozent des privaten Agrarhandels. Unsere Mitglieder sind mittelständische, größtenteils familiengeführte Unternehmen, die im Wesentlichen mit pflanzlichen Erzeugnissen und landwirtschaftlichen Betriebsmitteln handeln. Sie bereiten die von der Landwirtschaft gelieferten Agrarrohstoffe wie Getreide und Ölsaaten qualitativ durch Trocknung und Reinigung auf und vermarkten diese Produkte als Nahrungs- und Futtermittel im In- und Ausland. Darüber hinaus vertreiben sie sowohl Saatgut als auch Pflanzenschutz- und Düngemittel an die Landwirtschaft.

Mit Blick auf die Ergebnisse der Folgenabschätzung lehnen wir die Entscheidung der EU-Kommission ab, die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß Option 2 ausschließlich auf Basis der allgemein gehaltenen Definition der WHO/IPCS vorzunehmen. Die Folgenabschätzung kommt eindeutig zu dem Schluss, dass alle geprüften Optionen das gleiche hohe Schutzniveau für die menschliche Gesundheit bieten, die Optionen 2 und 3 jedoch die größten Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors, der Landwirtschaft und des Handels haben.

Vor diesem Hintergrund plädieren wir dafür, anstelle eines reinen gefahrenbasierten Ansatzes, die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften auf Basis eines risikobasierten Konzeptes vorzunehmen. Zumindest sollten Elemente einer Gefahrencharakterisierung, wie Wirkstärke, Schwere der schädigenden Effekte und Umkehrbarkeit der schädigenden Effekte, in die Bewertungskriterien aufgenommen werden.

Als Lebens- und Futtermittelunternehmer haben unsere Mitgliedsunternehmen eine hohe Verantwortung für die Qualität und Sicherheit der Agrarrohstoffe, die sie von der Landwirtschaft erfassen und an die Verarbeiter weitervermarkten. Die Handelsunternehmen haben dafür Qualitätsmanagement-Systeme etabliert, in deren Rahmen unter anderem auf Mykotoxine untersucht wird. Der Agrarhandel ist jedoch darauf angewiesen, dass die Landwirtschaft bereits während des Anbaus alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Belastung der Ernteprodukte mit Mykotoxinen so gering wie möglich zu halten. Dafür benötigt diese die notwendige Pflanzenschutz-Palette. Die Folgenabschätzung bestätigt unsere Befürchtung, dass eine Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften ausschließlich auf Basis einer Gefahrenidentifikation unnötige negative Auswirkungen auf die Lebens- und Futtermittel-Wertschöpfungskette und die Sicherheit der gehandelten Lebens- und Futtermittel haben wird. Sie stellt in diesem Zusammenhang fest, dass ein Einbeziehen von Merkmalen der Gefahrencharakterisierung für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften die beste Option im Hinblick auf die Vermeidung von Mykotoxinkontamination in Lebens- und Futtermitteln ist.

Auch in Bezug auf den internationalen Handel sind laut Folgenabschätzung bei der Einbeziehung einer Gefahrencharakterisierung die geringsten negativen Auswirkungen zu erwarten. Für die Versorgung der Landwirtschaft ist dies von besonderer Relevanz, da es ungeachtet der bisherigen Anstrengungen zur Stärkung der heimischen Eiweißversorgung weiterhin großer Mengen an Eiweißfuttermitteln bedarf, die vom Weltmarkt bezogen werden müssen. In der EU beträgt der Selbstversorgungsgrad mit besonders eiweißhaltigen Futtermittel für die Nutztierernährung nur 30 Prozent, in Deutschland etwa 35 Prozent. Haupteiweißlieferant ist importiertes Soja aus Nord- und Lateinamerika. Der aktuelle Entwurf der Kommission birgt also unnötige Gefahren für Störungen im internationalen Handel und für eine Vergrößerung des aktuellen Proteindefizit für die tierische Veredelungswirtschaft der EU.